Maximilien Bruggmann nennt seine Wohnung in Yverdon-les-Bains sein «Biotop»: Hier findet er die Beständigkeit, die jeder grosse Reisende braucht. Sie ist sein Ankerplatz, sein Heim, der Gasttisch für seine Freunde und sein Archiv: der sichere Hafen, in den er zwischen seinen sechzig Reisen rund um den Globus zurückkehrte.
Für den Besucher ist dieses Biotop, dieses «Manoir» von Maximilien eher so etwas wie Ali Babas Schatzkammer. Was entdeckt er dort? Ein Durcheinander alltäglicher Objekte, die der Fotograf von seinen Reisen zurückbrachte: Schallplatten mit Folk, Jazz und klassischer Musik, die Bilder des Malers Bruggmann, einige wenige Plakate mit seinen Aufnahmen für eigene oder fremde Ausstellungen, Gestelle mit allen von ihm illustrierten Büchern, Kartonschachteln mit dem Fotoarchiv in Form von Diapositiven, Kontaktabzügen, Notizbüchern ... Aber auch menschliche Wärme und eine Küche, in der immer alles bereit ist, Gäste zu verwöhnen. Man sieht und spürt, dass Maximilien Bruggmann ein erfülltes Leben hatte.
1934 im luzernischen Entlebuch geboren, besucht er die Grafikabteilung der Kunstgewerbeschule in Luzern, dann in Bern. Seine Faszination für die Berge führen ihn mit 23 Jahren auf eine abenteuerliche Reise nach Afrika, jenes Afrika, das ihn für den Rest seines Lebens prägen wird. Er startete per Autostop in Lausanne, wo er als Grafiker tätig war, mit dem Gipfel des Kilimandscharo als Ziel, den er nach monatelangem Umherreisen durch den Schwarzen Kontinent zu Fuss erreichte. Doch wie bei jeder Reise ist das Ziel nur ein Teil der Geschichte, es ist der Weg, der einen weiterbringt und verändert, dank ihm erhält die Reise erst ihren eigentlichen Sinn. Für Maximilien ist dieser Weg der Beginn einer langen Liebesgeschichte mit einer Landschaftsform, die bis heute seine grosse Leidenschaft geblieben ist: die grösste Trockenwüste der Welt, die Sahara, ihre unendlichen Weiten, ihre Gravuren und Felsmalereien ebenso wie das Volk der blauen Männer, der Tuareg.
Maximilien veröffentlichte anschliessend sein erstes Fotobuch. Ein Künstler war geboren. Mit seinem Objektiv porträtierte er in erster Linie die Sahara, aber auch die Landesausstellung von 1964, Argentinien, Belgien, das Wallis, Ägypten, Finnland oder die legendäre Gewürzstrasse und wurde zu einem der bedeutendsten Schweizer Bildbandfotografen. Er dreht einen Film, «Ombres bleues du Tassili», in dem sich der Alltag eines Saharavolks in ein Gedicht verwandelt. Das Jahr seines 75. Geburtstags ist der gegebene Zeitpunkt, um diese bescheidene Persönlichkeit, deren Aufnahmen zahlreiche Kalender der Swissair und Unesco schmückten, durch eine öffentliche Institution in einer Retrospektive geehrt wird. Seine Bilder erinnern uns an eine Epoche, die gleichzeitig sehr nah und sehr fern ist, an ein verlorenes Paradies, in dem die Menschheit der ganzen Welt über die Grenzen und Fundamentalismen hinaus fraternisierte.
Es ist schwierig, über Maximiliens Fotografien zu sprechen, die Themen und von ihm besuchten Gegenden sind zu zahlreich. Wenn es jedoch eine Kunst gibt, die er mit besonders viel Herzblut ausübt, ist es jene des Porträts. Ob Schnappschuss oder sorgfältig inszenierte Pose - der stolze, vornehme Blick zeugt vom Taktgefühl, mit dem sich der Fotograf seinen Sujets nähert. Einen auffälligen Kontrast zu diesen beseelten Gesichtern bilden die Masken, die in den eisigen Gegenden Kanadas, in den Museen Ägyptens, an der Fasnacht im Lötschental oder am Karneval in Venedig aufgenommen wurden. Dann die riesigen, grandiosen Landschaften mit den Bergen und Sanddünen, aber auch die wissenschaftlich höchst bedeutsamen Aufnahmen von Felsgravuren und -malereien in der Sahara (hier leistete er echte Pionier- und Entdeckerarbeit). In all diesen Bildern kommt auch der Grafiker zum Zug, der die Geburt der Kunst dokumentiert und ihr seine Referenz erweist.
Während der Dauer der Ausstellung lässt sich Maximilien Bruggmann im Manoir von Martigny häuslich nieder. Die Besucher sind eingeladen, die zahlreichen Facetten dieses Menschen, seine Arbeitsmethoden, seine Reisen, seine Träume und Visionen von der Welt sowie das «Biotop», in dem all dies entstand, zu entdecken. Sie erhalten Einblick in die praktische Seite seiner Arbeit, begegnen einer komplexen und fesselnden Persönlichkeit, deren unablässiges Streben nach Perfektion wir eines der reichsten und bewegendsten fotografischen Werke der Schweiz verdanken.
Oliver Schinz, Kurator